Performance Art als Schnittstelle für Visuelles und Auditives

2 Dada

Die direkten Erben der futuristischen Ästhetik der Performance waren die Dadaisten. Die Kabarettvorstellungen, die Hugo Ball und Emmy Hennings in Zürich in der neutralen Schweiz auf dem Höhepunkt des Ersten Weltkriegs veranstalteten, bedienten sich der Simultaneität sowohl als eines Mittels zur Kritik der heillosen Unordnung des Krieges wie auch zur Vergegenwärtigung der vielen voneinander unabhängigen, zugleich existierenden Stimmen der verschiedenen Nationen, die in den Konflikt verstrickt waren.[2] Ball entwickelte Marinettis phonetische Poesie weiter und führte als zusätzliches Element bizarre Kostüme ein. Seine Klanggedichte wurden in einem priesterlichen Lamento intoniert; die Wörter hatten oft mit der herkömmlichen Sprache nichts mehr zu tun, die durch Journalismus und politische Propaganda verdorben und unmöglich geworden war: gadji beri bimba / glandridi lauli lonni cadori / gadjama bim beri glassala / gladridi glassala tuffim i zimbrabim …[3]

Als Dada in Berlin Fuß fasste, politisierte sich die Bewegung zusehends. Hier führte Gerhard Preiß (der sich auch als Musik-Dada bezeichnete) seinen Dada Trott auf, George Grosz kostümierte sich als Dada Tod, und Jefim Golyscheff, ein seltsame und faszinierende Figur, brachte seine Antisymphonie zur Aufführung, unter Einsatz von Küchengeräten, einem Konzertflügel und einem kleinen Mädchen. Als nächstes kam sein Keuchmanöver mit dem vielsagenden Untertitel CHAOPLASMA für 2 Kesselpauken und 10 Rasseln, unter Mithilfe von 10 Frauen und einem Briefträger. In Frankreich wird fallweise im Zusammenhang mit Musik und Dada Eric Satie erwähnt, der viel bekannter geworden ist als Golyscheff. Satie gehörte zwar nicht zu den führenden Pariser Dadaisten, er arbeitete aber mit einigen von ihnen zusammen (besonders mit Picabia, wie 1924 für das Ballett Relâche) und sie gestanden ihm im Wesentlichen einen esprit dada zu.

Für Futurismus und Dada jeglicher Spielart sind die folgenden ästhetischen Merkmale kennzeichnend: Simultaneität, Geräusch, Humor, Provokation und das Bestreben, Kunst und Leben möglichst unmittelbar miteinander in Beziehung zu setzen. Diese Elemente spielen eine zentrale Rolle auch in der Bewegung, der das hauptsächliche Interesse in diesem Beitrag gilt: im Fluxus.

Im Cabaret Voltaire waren Sprech- und Gesangsnummern in verschiedenen Sprachen – Französisch, Dänisch, Deutsch, Rumänisch, Englisch, Russisch – durchaus üblich.  
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