Strukturanalogien zwischen Musik und visuellen Künsten

2.4 Übertragung von Praktiken: Improvisation

Die Improvisation, die im Unterschied zur Komposition keine fixierte Ausarbeitung zur Grundlage hat, sondern stattdessen wesentlich auf der Interaktion der Beteiligten beruht, bekam im 20. Jahrhundert mit der Befreiung der Gestaltungsmittel vom Gegenstand zunehmende Bedeutung in der visuellen Gestaltung.

Für Henri Matisse entsprach der Improvisation im Jazz die Technik des Papierschneidens (papiers découpées), weshalb er sein berühmtes Buch aus farbigen Scherenschnitten Jazz (1947) betitelte. So wie das Spiel eines Jazzmusikers nicht kopierbar und jeweils im Spiel vollkommen neu und originär ist, so können auch die Scherenschnitte trotz ihrer einfachen Ausführung nicht kopiert werden: Der Geist des Schnittes und des Arrangements ist nicht wiederholbar.

Die Praxis der kollaborativen Improvisation etablierte sich ab dem Ende der 1950er Jahre auch in den aufkommenden Lightshows, als Gruppen aus bis zu einem Dutzend Mitgliedern mithilfe verschiedener Lichtinstrumente wie Dia- und Filmprojektoren, Farbrädern, Liquid Projections und reflektierenden Objekten visuelle Improvisationen zu Konzerten aufführten.

Ähnliche Verfahren finden sich auch im Bereich des VJing und der audiovisuellen Live-Performances. Beispielhaft sei hier die Gruppe 242.pilots genannt, drei Videokünstler, die mittels einer selbst entwickelten Software in Echtzeit Bilder überlagern, kontrastieren, verschmelzen oder transformieren und ihr improvisiertes Zusammenspiel selbst mit Free Jazz vergleichen.

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Werkbeschreibungen aus diesem Text

Werke: Jazz

Personen: Henri Matisse

Körperschaften: 242.pilots