Musikvideo

2 Erste aufgezeichnete, bewegte Bilder

Dieses singende Geister-Bild kann als ein erster Vorläufer der sogenannten Song-Slides gewertet werden, die zwischen 1890 und 1915 in Amerika in Mode kamen und als Pausenprogramme in Vaudevilles und Kinos gezeigt wurden. Hierbei versuchte man, mithilfe einer Diashow, bei der bis zu 16 Einzelbilder pro Song gezeigt wurden, Text und Stimmung eines Liedes visuell umzusetzen (der Refrain wurde dann auf die Leinwand projiziert, sodass das Publikum – nach Art eines heutigen Karaoke-Videos – in den Gesang einstimmen konnte). Zweck dieser Darbietungen war es, ähnlich wie später beim Musikvideo, für dieses Lied zu werben, dessen Noten man anschließend kaufen konnte.

Während man hier Bewegung nur mittels raffinierter Überblendungstricks andeuten konnte, war ein tatsächlich bewegtes und von Musik begleitetes Bild das erklärte Ziel von Edisons 1891 vorgestelltem, Filmprojektor und Phonograph kombinierenden Kinetophone, das er mit Worten bewarb, die stark an den oben angeführten Bericht Lewalds erinnern: […] [T]he illusion is complete and we may see and hear a whole opera as perfectly as if actually present although the actual performance may have taken place years before.[3] Ein Berliner Journalist beschrieb den Zweck des Geräts dahingehend, dass jedermann in seinem eigenen Zimmer, im Lehnstuhl sitzend, eine ganze Opernvorstellung nicht alleine telephonisch hören, sondern auch die Vorgänge auf der Bühne sehen kann.[4] Die überzeugende Präsenz von zeitlich und räumlich weit entfernten musikalischen Vorgängen in Bild und Ton (nicht jedoch deren ästhetische Inszenierung) waren hier also das erklärte Ziel des wie ein Vorläufer des Fernsehens beschriebenen Apparats.

Die mit dem Eidophusikon und dem Kinetophone angestrebten Absichten – die Verfügbarmachung der Präsenz eines Interpreten in Bild und Ton auf der einen Seite, die ästhetische Ausgestaltung von Vorgängen durch deren auf die Musik abgestimmte Inszenierung auf der anderen – verschränkten und durchdrangen sich in der Folge in dem Maße, in dem die jeweils zur Verfügung stehende Technik dies erlaubte.

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Zeitrahmen:1890 – 1920
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