Audiovisuelle Wahrnehmung

5 Wahrnehmungsintensivierende Wirkung

Es stellt sich nun die Frage, anhand welcher Mechanismen multimodale Integration zu einer verbesserten Wahrnehmung[8] führt. Stein et al.[9] berichten von einem Experiment, in dem die Ansprechempfindlichkeit individueller multimodaler Neuronen getestet wurde. Die Reaktion auf den bimodalen Reiz (Lichtblitz plus Piepston) entsprach in etwa der Summe (additiv) der Reaktionen auf die unimodalen Reizkomponenten. Analog zur Raum- und Zeitregel wurde auch ein enger Zusammenhang zwischen räumlicher und zeitlicher Koinzidenz auf neuronaler Basis bestätigt: So war die Reaktion auf räumlich disparate Reize geringer als die Summe der beiden Stimuli alleine (subadditiv), was einer Abschwächung der Empfindung entspricht. Stein & Meredith[10] konnten überdies bei relativ schwachen, aber koinzidenten bimodalen Reizen besonders starke (superadditiv) Effekte nachweisen. Durch bimodale Reize ausgelöste Reaktionen unterscheiden sich also schon auf neuronaler Ebene von den modalspezifischen Reaktionskomponenten, was die wahrnehmungsintensivierende Wirkung von Bild-Ton-Kombinationen zum Teil erklärt. Die beschriebenen Phänomene sind wohl die neurologische Grundlage der programmatischen Feststellung Michel Chions: We never see the same thing when we also hear; we don‘t hear the same thing when we see as well.[11]

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