Der japanische Künstler Ryoichi Kurokawa komponiert raum-zeitliche Skulpturen[1], die sich sowohl aus digital generiertem als auch aus aufgenommenem Ton- und Bildmaterial zusammensetzen. Kurokawa versteht seine Werke als eine audiovisuelle Einheit.
Seine aktuelle Arbeit Rheo wird live im Rahmen von Festivals aufgeführt. Rheo ist ein 5.1-Surround-Sound-Triptychon, dessen drei Screens im Hochformat montiert werden – eine Anlehnung an das Tafelbild – und so Kurokawas Bilderwelt entgegenkommen. Er verwendet einerseits Ausschnitte von Fotografien und Videosequenzen, die Landschaften von brillanter Schärfe zeigen und damit für organische Formen der Natur stehen. Vor allem Wasser wird als figuratives und rhythmisches Element eingesetzt.
Auf der anderen Seite erzeugt Kurokawa eine absolut digitale und abstrakte Bilderwelt. Um den Kontrast zwischen diesen digital erzeugten Realitäten und den natürlichen Bildwelten noch deutlicher sichtbar zu machen, wurden letztere sämtlich in HD-Qualität aufgenommen. Dem stellt Kurokawa Soundwelten gegenüber, in denen er infernalische Lärmausschüttungen, feine minimalistische Plings und viele dazwischenliegende Nuancen beschwört.
Wie auch schon in der vorherigen Arbeit Parallel Head (2008) mischen sich bei Rheo die realen und digitalen Bilder zu einem großen Bilderspeicher. Sound und Bild erscheinen wie Eruptionen aus einem See der audiovisuellen Erinnerungen. Dieses Sichtbarmachen von polysensuellen Erinnerungen – das Sehen der Klänge und das Hören der Bilder – ist das zentrale Thema in den Arbeiten von Kurokawa, das sich wie eine audiovisuelle Sprache verstehen lässt. Im Gegensatz zu Parallel Head werden die Bilder in der aktuellen Arbeit nicht durch Sounddaten generiert oder manipuliert. Video und Audio entstanden unabhängig voneinander und fügen sich zu einem fließenden Ganzen, worauf auch der Titel der audiovisuellen Komposition verweist: Das griechische Wort rheos bedeutet Fluss oder Strom und erinnert an panta rhei (alles fließt), den bekannten Ausspruch des griechischen Philosophen Heraklit von Ephesos.
[1] Vgl. rheo by Ryoichi Kurokawa, http://www.cimatics.com/cms_site/news/archive/article.php?id=21