Totaltheater

Walter Gropius (Konstrukteur)
Erwin Piscator (Regie)

Werkdetails


Werkbeschreibung von Marc Glöde

Die Idee eines Totaltheaters entstand im Rahmen der Zusammenarbeit von Walter Gropius und Erwin Piscator im Jahr 1927. Ziel dieses gemeinsamen Projektes war es, ein Theater zu konzipieren, welches die traditionelle starre Bühnenanordnung überwinden könne und in einem Theatergebäude alle bisher entstandenen Bühnenformen vereinen würde: Tiefenbühne, Proszeniumsbühne und Zentralbühne. Gropius’ Lösungsvorschlag für die Realisierung dieses Vorhabens war eine mobile und in sich drehbare Parkettscheibe, durch deren Verschiebung während der Vorstellung die verschiedenen Bühnensituationen hergestellt werden konnten. Über diese Mobilität der Spielebenen und des Auditoriums hinaus war es Gropius sehr daran gelegen, diese theatrale Räume erzeugende Maschine um die Mittel der Lichtprojektion zu ergänzen. Dabei ging es nicht nur um eine innovative Theaterbeleuchtung, sondern vor allem auch um Filmprojektionen, die den szenischen Raum der Bühne zusätzlich noch erweiterten.

Gropius kongenialer Partner für dieses Projekt, Erwin Piscator, hatte sich in früheren Theaterinszenierungen bereits intensiv mit der Verbindung von Theater und Film beschäftigt. Film war für ihn geradezu das neue Mittel, um zusätzlich zum Bühnenraum andere Räume zu eröffnen. Gropius sah deshalb nicht nur für die drei Tiefenbühnen die Möglichkeit der Filmprojektion auf den gesamten Rundhorizont mit Hilfe eines Systems von verschiebbaren Filmapparaten vor, sondern plante auch den gesamten Zuschauerraum – Wände und Decken – unter Film [zu] setzen.[1] Der Zuschauer sollte dabei jedoch nicht nur einer Anhäufung technischer Tricks erliegen, im Gegenteil: Er sollte ins Geschehen hineingerissen werden und gleichsam den vom Theater adressierten sozialen Fragestellungen nicht mehr entgehen können. Gerade in diesem Streben nach Überwältigung bei gleichzeitiger kritischer Reflexion zeigt sich die zentrale Idee des Totaltheaters am deutlichsten. Deshalb kann die von Gropius entworfene Theatermaschine durchaus als Vorläufer jener jüngeren Medienumgebungen gelten, die jedoch oftmals vorrangig auf eines zielen: den Prozess der Immersion.

Alle Fußnoten

[1] Walter Gropius, »Vom modernen Theaterneubau, unter Berücksichtigung des Piscatortheaterneubaus in Berlin.«, in: Knut Boeser, Renata Vatková (Hg.), Erwin Piscator. Eine Arbeitsbiographie in 2 Bänden, Bd. 1 (Berlin 1916–1931), Berlin 1986, S. 148–149, hier S. 149.

siehe auch


Dieses Werk ist Thema in folgenden Texten

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Totaltheater-Entwurf (1927) für Erwin Piscator von Walter Gropius
© VBK, Wien, 2010, courtesy Bauhaus-Archiv Berlin
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Totaltheater-Entwurf (1927) für Erwin Piscator von Walter Gropius
© VBK, Wien, courtesy Bauhaus-Archiv Berlin
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