Die Auseinandersetzung mit den räumlichen Bedingungen des Films bzw. seiner Präsentation ist so alt wie das Medium selbst. Immer wieder galt es, die dem Medium eigenen oder als Norm etablierten Parameter sichtbar zu machen bzw. diese zu überwinden und die mit ihr einhergehenden Wahrnehmungsgewohnheiten zu erkennen. Eine erste Intensivierung dieser Fragestellung erfuhr das Thema bereits mit der Etablierung von Kinobauten in den 1920er Jahren, wobei insbesondere vom Theater lebhafte Impulse bezüglich der Reflexion der Projektionsmaschinerie ausgingen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es der experimentelle Film, das Expanded Cinema und filmische Installationen, welche die Diskussion um die räumlichen Bedingungen weiterführen sollten. Dabei gerieten zum einen zunehmend neue architektonische Rahmenbedingungen der Filmpräsentation, wie beispielsweise das Museum, der öffentliche Raum und die Galerie, ins Blickfeld. Zum anderen traten die Aspekte der Wahrnehmung, das Zusammenspiel von Bild, Raum und Rezipient, deutlich hervor. Die Reflexion des Raumes wird dabei immer mehr zu einer Beschäftigung mit Aspekten der Bewegung, der Prozessualität und des kontinuierlichen Werdens.
Die Idee einer räumlich offenen Form filmischer Präsentationen entstand nicht erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sondern reicht weit zurück in die Anfangsjahre des Films. Gerade in den frühen Jahren des Films, als dieser noch nicht in die Architektur des Kinos eingebunden war, zeigte sich bereits eine visionäre Auseinandersetzung mit der Präsentation dieses neuen Mediums. Nicht nur das filmische Bild, sondern auch die Technik und das Spektakel der Aufführung waren in Penny Arcades, Wintergärten oder Revuen Teil einer raumgreifenden Inszenierung. Die sehr unterschiedlichen Formen der Raumerfahrung des Films standen bald jedoch schon jenem sich immer schneller ausbreitenden Kinosetting entgegen, das sich über ausgerichtete Sitzreihen, eine unsichtbare Projektionsapparatur und verdunkelte Vorführräume definierte. Während sich dieses Setting in den folgenden Jahren zur dominierenden Form ausprägen sollte, verschwand die ursprüngliche Formvielfalt filmischer Präsentationsformen zugunsten eines nun etablierten Kinoparadigmas. Nur vereinzelt blieben Ansätze filmischer Auseinandersetzung jenseits des Kinodispositivs bestehen. Dabei sind besonders verschiedene Architektur- und Theaterentwürfe hervorzuheben.
So entwickelte Bruno Taut beispielsweise für die Internationale Baufachausstellung Leipzig (1913) das Monument des Eisens mit einem Filmprojektionskuppelsaal, der nicht der klassischen Zuschauerausrichtung des Kinos, sondern vielmehr der Anlage eines Observatoriums entsprach.[1] Die Projektion war hier also nicht frontal den Zuschauern gegenüber angeordnet, sondern konnte sie vollständig umgeben oder in der Kuppel überspannen.
Walter Gropius und Erwin Piscator entwarfen in einem ähnlichen Geist etwas später gemeinsam die Idee eines Totaltheaters (1927), in dem der expandierende Film sogar zu einem tragenden Element für Gropius wurde, der schreibt: In meinem ›Totaltheater‹ habe ich nicht nur für die drei Tiefenbühnen die Möglichkeit der Filmprojektion auf den gesamten Rundhorizont mit Hilfe eines Systems von verschiebbaren Filmapparaten vorgesehen, sondern kann auch den gesamten Zuschauerraum – Wände und Decken – unter Film setzen. […] An Stelle der bisherigen Projektionsebene (Kino) tritt der Projektionsraum.[2]
Und auch die Arbeiten von László Moholy-Nagy lassen sich hier schließlich als eine Fortsetzung dieser Beschäftigung mit Fragen hinsichtlich der Überschneidung von Architektur, Raumbildern und projiziertem Licht verstehen. Sowohl in seinen Publikationen zum Verhältnis von Stadtraum, Fotografie und Montage als auch in seinem bekannten Licht-Raum-Modulator lotet Moholy-Nagy beständig dieses dynamische Verhältnis aus. Darüber hinaus eröffnet er in seiner Idee für ein Simultan- oder Polykino[3] wie auch in den Entwürfen zu seinem Projekt Dynamik der Groß-Stadt[4] immer wieder neue Fragen im Hinblick auf der Lichtprojektion und Raumwahrnehmung.
Eine weitere historische Entwicklungslinie des Expanded Cinema, die sich etwas von architektonischen Fragestellungen absetzt, lässt sich in der Beschäftigung mit Fragen der Farblichtprojektion bzw. der sogenannten Visuellen Musik erkennen. Orientiert an der neuesten Entwicklung der theatralen Bühnenbeleuchtung und besonders an den legendären Farb-Licht-Performances von Loïe Fuller, entwickelten Künstler wie Thomas Wilfred, Alexander Rimmington oder Wladimir Baranoff-Rossiné zu Beginn des 20. Jahrhunderts Farbenklaviere und andere technische Gerätschaften (das Clavilux, das optophonische Klavier etc.) mit deren Hilfe zunächst ganz grundsätzlich verschiedenfarbiges Licht, in ähnlicher Weise wie Klänge, frei im Raum schwebend erfahrbar werden sollten.[5] Diese Auseinandersetzung mit der Frage nach der Möglichkeit eines freien Spiels der Farben sollte sich jedoch schon bald sehr stark in die Beschäftigung mit filmischen Darstellungsmöglichkeiten übertragen. In der Spannung zwischen Farblichtprojektionen und abstraktem Film und ihren unterschiedlichen Ästhetiken entwickelte sich dabei ein zunehmendes Verständnis für das Verhältnis zwischen Farblichtprojektionen und ihrem Bezug zum Raum. Die Eindrücke dieser sehr unterschiedlich angelegten Farblicht-Aufführungen sollten gerade für die experimentellen Filmemacher der 1950er und 1960er Jahre (wie beispielsweise Jordan Belson und dessen Überlegungen zu einem raumgreifenden Filmerlebnis) von prägender Bedeutung sein.
Weit vor der ausformulierten Idee des Expanded Cinema bzw. vor einer Prägung dieses Begriffs ab Ende der 1950er Jahre lassen sich hier die Grundmotive eines Diskurses um die räumliche Expansion des Films und seines Settings erkennen.[6]
Gilles Deleuze hat in seiner Untersuchung des Films und dessen historischer Entwicklung insbesondere nach 1945 eine deutliche Kritik besonders in Bezug auf dessen unreflektierte Funktionsweise formuliert. Er verweist dabei auf Filmemacher wie Rossellini, Antonioni oder Godard, die gezielt mit den gewohnten filmischen Traditionen brechen. Diese zunehmende Hinterfragung des filmischen Dispositivs lässt sich jedoch nicht nur in Bezug auf den Film selbst (die Montage, Kadrage etc.) erkennen, sondern ist durchaus auch im Hinblick auf den Präsentationsort des Films, das Kino und seine Aufführungssituation, relevant. Bereits 1952 hatte beispielsweise Guy Debord in seinem Film Hurlements en faveur de Sade, in dem er über 75 Minuten abwechselnd nur eine ganz schwarze oder weiße Leinwand zeigte, nicht nur die etablierte Narrationspraxis gängiger Filme attackiert, sondern stellte darüber hinaus auch den Ort des Films und seine technische Apparatur gezielt in Frage.[7] Besonders in den weißen Sequenzen, während denen Texte zum Thema Revolution und Jugend vorgelesen wurden, schweifte der Blick des Publikums immer wieder in die sonst im Dunkeln versteckte Kinoarchitektur. Das von Deleuze angemahnte Bewusstmachen einer filmischen Funktionsweise wurde hier also von Debord auf den Ort des Films selbst erweitert.
Diese Kritik des Kinos sollte einige Jahre später von anderen Mitgliedern der von Debord mitgegründeten Situationistischen Internationale weitergeführt werden. Dabei stand aber nicht nur das Kino, sondern ebenso der gesamte städtisch organisierte Raum zur Diskussion. Ein Projekt, das diese sich ausbreitende Kritik an Stadt und Kino in sich vereinte und dabei nach neuen Präsentationsformen suchte, war New Babylon von Constant.[8] In diesem aus verschiedensten Medien und Formaten bestehenden Entwurf einer Stadt sowie dem in ihr stattfindenden Leben sollte sich der Mensch, so Constant, aus einem starren Funktionsgefüge der Stadt befreien und zu einem eher spielerischen Umgang mit dem Raum als topografischer, urbanistischer Kategorie finden. Für die Erweiterung seiner Raumdiskussion hin zum Kino/Film kooperierte Constant mit dem Filmemacher Hy Hirsch. Dieser lotete in seinem Film Gyrmorphosis (1956) die Raumpotenziale des Lichts und der Farbe aus und öffnete so, die Idee der Farblichtmusik aufnehmend, eine Auseinandersetzung in Bezug auf die verengte Raumidee des Kinos. Das Projekt griff dabei weniger die Frage der klassischen Filmprojektion auf, sondern ist vielmehr im Kontext der von László Moholy-Nagy in den 1920er Jahren durchgeführten skulpturalen Lichtexperimente wie z.B. Licht-Raum-Modulator (1930) und Lichtspiel Schwarz-Weiß-Grau (1930) zu verstehen.[9]
Auch auf andere Bezugsfelder der 1920er Jahre, wie die Visual Music oder die Farblichtklaviere, wurde ab den 1950er Jahren erneut referiert. Dabei stand oftmals nicht mehr die Kritik des filmischen Dispositivs im Zentrum des Interesses, sondern die Erweiterung der filmischen Erfahrung. Harry Smith beispielsweise konzipierte seine filmischen Experimente nicht zuletzt in intensiver Auseinandersetzung mit dem Jazz und entwickelte zahlreiche Projektionsideen für musikalische Performances im Bop City Jazz Nightclub in San Francisco.[10] Ebenso setzte sich Jordan Belson, Smiths langjähriger Studienfreund, zunehmend mit der Idee des visuellen Konzerts auseinander, das den klassischen Rahmen des Kinos verließ. Gemeinsam mit Henry Jacobs entwickelte Belson ab 1957 eine Serie von Filmabenden, die im Morrison Planetarium in San Francisco unter dem Namen Vortex Concerts berühmt wurden. Dabei nutzte er nicht nur die architektonischen Voraussetzungen des Observatoriums mit der gewölbten Projektionskuppel, sondern ebenfalls das gesamte technische Equipment des Ortes. Belson konnte hierdurch nicht nur mehrere Filme parallel laufen lassen, sondern diese auch überblenden oder parallel ineinander verschieben und so die klassische Bildkadrage überwinden. Trotzdem betonte er, dass es ihm nicht um einen psychedelischen Trip ging. Gegenüber Scott McDonald formulierte er: I used the effects carefully. I wasn’t just blasting the audience psychedelically. It was all carefully composed, and synchronized with the music.[11] Die Vortex Concerts wurden so also zu einer Art kontrolliert expandierter Raumerfahrungen, die sich deutlich von einem klassischen Kinoerlebnis absetzten. In diesem Sinne prägte Gene Youngblood mit Bezugnahme auf derartige Präsentationsformen den Begriff Expanded Cinema.
Dass diese expandierte Form des Kinos neben der Resonanz im Bereich der Künste auch im kommerziellen Bereich zunehmend Bestätigung fand, zeigt sich deutlich an einem Projekt, das fast zeitgleich zu Belsons Vortex-Idee entstand. Charles und Ray Eames arbeiteten anlässlich der 1959 in Moskau präsentierten American National Exhibition mit Richard Buckminster Fuller zusammen, um einen Projektionsraum für das Multiscreen-Projekt Glimpses of the USA zu entwickeln.[12] Die Intention, die dieser kinematografischen Installation zugrunde lag, war dabei weniger kritischer oder medienreflexiver als vielmehr affirmativer Natur. Der Besucher dieser Installation konnte sich dem überwältigenden immersiven Eindruck, den die Bilder dieser Propagandamaschine auslösten, kaum entziehen.
Seit Beginn der 1960er Jahre sollte die Zahl der dem Expanded Cinema zugeordneten Positionen stark wachsen. Immer mehr Künstler und Filmemacher beschäftigten sich mit der Frage nach Möglichkeiten, wie die herkömmlichen Raum- und Produktionsgrundlagen des Films aufzubrechen seien. 1965 schufen Künstler wie Claes Oldenburg (Moveyhouse), Carolee Schneemann (Ghost Rev) oder die ONCE Group (Unmarked Interchange) zahlreiche Werke, die gerade auch unter Einbeziehung von Performances das gewohnte Raumverhalten der Zuschauer im Kino unterminierten.[13] Durch Andy Warhols Exploding Plastic Inevitable wurden diese Strategien ein Jahr später geradezu aggressiv vorangetrieben. Gemeinsam mit der Band Velvet Underground inszenierte Warhol mit EPI ein mediales Feuerwerk, in dem das audiovisuelle Sensorium der Zuschauer unter konstanten Beschuss geriet. Während bis zu fünf Projektoren gleichzeitig Filme abspielten, wurden parallel Dias gezeigt, eine Diskokugel strahlte, Stroboskope blitzten, Velvet Underground spielte ein Set und verschiedene Performer wie Gerard Malanga und Ingrid Superstar traten auf. Damit wurden nicht nur die perzeptiven Kapazitäten des Publikums ausgelotet, sondern darüber hinaus auch die Kapazitäten eines multimedialen Settings.[14] Andy Warhol selbst agierte dabei immer wieder wie ein Regisseur an den Reglern, der, sobald er den Eindruck hatte, dass die Zuschauer sich an Bilder oder Sequenzen gewöhnten und ein gewisser Wahrnehmungsfluss entstand, intervenierte und für neue Irritationen durch Veränderung der Bild- bzw. Soundimpulse sorgte.
Gegenüber einer solchen ausgreifenden multi-sensoralen Praxis müssen andere Spielarten des Expanded Cinema wie Tony Conrads Film The Flicker geradezu als schlicht bezeichnet werden. Conrad baute nicht auf eine Zufügung performativer Akte, um den Kinobegriff zu erweitern, sondern besann sich auf die Matrix, den elementaren Bestandteil des Films: auf das Einzelbild. Die flackernden schwarz-weißen Sequenzen von The Flicker ließen die neuronalen Reaktionen der Netzhaut als Nachbilder sichtbar werden und bewirkten bei einigen Betrachtern die intensive Wahrnehmung von Farben und Räumen.[15] Durch das Zusammenspiel dieser visuellen Ebene und der den Film begleitenden Tonebene kam es zu einer bewussten Wahrnehmung des Sehens und Hörens aufgrund besonders stark kontrastierender Stimuli. Hier wurde die Filmidee also nicht nur in den architektonischen Raum, sondern vielmehr auch ins Innere des Betrachters erweitert; der Körper des Betrachters zeigte sich als wesentlicher Bestandteil des filmischen Dispositivs. Paul Sharits war ebenfalls besonders an diesen Potenzialen des Films interessiert. Er rückte dabei jedoch von flickernden, rein schwarz-weißen Bildern wie bei Conrad ab. In seinen Filmsequenzen zeigte er stattdessen teilweise verschiedene Farbabfolgen (Shutter Interface) oder baute eigens für seine Filminstallation konzipierte Zellen (Epileptic Seizure Comparison), in denen die Betrachter mit flickernden Filmaufnahmen von Epilepsieanfällen geradezu visuell beschossen wurden und zudem vor der Möglichkeit eigener Anfälle gewarnt werden mussten.[16]
Liz Rhodes entwickelte die Auseinandersetzung mit dem Potenzial des Flicker-Effektes schließlich in den 1970er Jahren mittels filmischer Installationen ebenso außerhalb des Kinos und vor dem Hintergrund der Idee visueller Musik, beispielsweise in ihrer Komposition Light Music für zwei Projektoren, weiter. Die Beschäftigung mit dem Expanded Cinema führte dabei nicht nur immer öfter in die Architektur des Museums oder der Galerie – auch Fragen einer alternativen Kinoarchitektur kamen erneut auf, bei denen vor allem auch die Ton-Bild-Beziehung (aufgrund der sich immer weiter verbessernden technischen Möglichkeiten) eine zunehmend wichtige Rolle spielten. Stan Vanderbeek sollte in diesem Zusammenhang eine Reihe von Projektionen für sein 1965 geschaffenes Movie-Drome entwickeln und Hélio Oiticica konzipierte 1973 eine Reihe sogenannter Quasi-Cinemas wie das mit dem Filmemacher Neville D’Almeida entwickelte Projekt CC5 Hendrix-War.[17] In Hängematten liegend wurde das Publikum dabei in eine räumliche Bild-Klang-Atmosphäre gehüllt, bei der die bewusste körperliche Erfahrung im Zentrum stand.
Mit der zunehmenden Adressierung einer Frage nach der Expansion des Kinos traten gleichsam auch Fragen nach Bezügen des Films zu anderen Künsten wie der Skulptur oder der Performance auf. Als einer der bekanntesten Vertreter, der immer wieder die Relation des Films zum Medium der Skulptur ausgelotet hat, gilt Anthony McCall. In seinen sogenannten Solid Light Films, wie seinem bereits 1973 entstandenen Line Describing a Cone, setzt er den Lichtstrahl von Filmprojektoren und Beamern mittels Nebel dabei immer wieder so in der Dunkelheit des Raumes zwischen Projektor und Leinwand in Szene, dass dieser den im Projektionsraum umhergehenden Zuschauern als plastisch greifbar erschien. Gerade auf einen Künstler wie Bruce McClure, der in den frühen 1990ern begann, Filme zu produzieren, sollten diese Arbeiten McCalls einen großen Einfluss ausüben.
McClure thematisierte in seinen Arbeiten stärker die Prozessualität der Aufführung, indem er den Projektor wie ein Instrument benutzte, mit dem er während der Projektion experimentierte. Ähnlich wie Barbara Rubin, die in ihrem frühen Werk Christmas on Earth (1963) bereits Aufführungsanweisungen für die Beeinflussung der Projektion des Filmes gab, modifizierte auch hier der Künstler mittels des Einsatzes von Schablonen, Audio-Effektgeräten, Färbemitteln etc. in seinen Aufführungen wie Black & Blue – Yellowed (2001) den normalen Ablauf von Filmen und machte die Filmerfahrung so zu einem einmaligen Live-Erlebnis. Weitere Vertreter dieser sich verbreitenden Form des experimentellen Films sind beispielsweise Luis Recoder, Sandra Gibson oder Jürgen Reble und Thomas Köner. Gerade letztere schlossen dabei in einer Performance wie Alchemie (1992) wieder verstärkt an eine Geschichte der visuellen Musik an. Dabei wurde z. B. ein frei im Vorführraum hängender 16mm-Film konstant verändert, indem Reble verschiedene chemische Substanzen direkt auf den Filmstreifen aufbrachte. Diese Eingriffe veränderten das Bild auf alchemistische Weise, während Köner live eine Klangmischung erschuf, die auf den Geräuschen des Projektors basierte.
Diese räumlichen Ansätze, bei denen erneut der ganze Körper zum multisensorischen Erfahrungsfeld wurde, sollten ebenso für andere Kontexte wie Konzerte oder audiovisuelle Installationen immer wichtiger werden und bis heute ein interessantes Feld künstlerischer Beschäftigung mit dem Zusammenspiel von Bild und Ton bleiben. Dabei kann diese Art Live Cinema durchaus als Bindeglied zwischen den traditionellen Formen des Expanded Cinema und den neueren Formen der in Konzerten und Clubs entwickelten Form des VJing gesehen werden.
[1] Siehe http://www.landesausstellung1905.de/index.php?id=305.
[2] Walter Gropius, »Vom modernen Theaterneubau, unter Berücksichtigung des Piscatortheaterneubaus in Berlin.«, in: Knut Boeser, Renata Vatková (Hg.), Erwin Piscator. Eine Arbeitsbiographie in 2 Bänden, Bd. 1 (Berlin 1916–1931), Berlin 1986, S. 148–149, hier S. 149.
[3] Vgl. László Moholy-Nagy, »Das simultane oder Polykino«, Faksimile-Nachdruck in: ders., Malerei Fotografie Film (1927), Bauhausbücher Bd. 8, Mainz 1967, S. 39, online unter: http://www.medienkunstnetz.de/quellentext/24/.
[4] László Moholy-Nagy, »Dynamik der Groß-Stadt« (1921–1922), in: ders., Malerei Fotografie Film, Mainz 1967, S. 120–135.
[5] Thomas Wilfred, »Composing in the Art of Lumia«, in: The Journal of Aesthetics and Art Criticism, 7, 2, Dezember 1948, S. 79–93, hier S. 89.
[6] Zur Prägung des Begriffs siehe besonders: Gene Youngblood, Expanded Cinema, New York 1970.
[7] Thomas Y. Levin: »›Ciné qua non‹: Guy Debord und die filmische Praxis als Theorie«, in: Gregor Stemmrich (Hg.), Kunst/Kino, Jahresring 48, Jahrbuch für moderne Kunst, Köln 2001, S. 17–29.
[8] Das Manifest zu diesem Projekt findet sich unter: http://www.notbored.org/new-babylon.html.
[9] Hy Hirsh, »Statement«, in: Gerald O'Grady, Bruce Posner, Articulated Light. The Emergence of Abstract Film in America, Harvard 1997, S. 12.
[10] Smith in einem Interview mit P. Adams Sitney. Siehe: Film Culture, 37, Sommer 1965, S. 5.
[11] Scott MacDonald, »Jordan Belson (and collaborator Stephen Beck)«, in: ders., A Critical Cinema. Interviews with Independent Filmmakers, Berkeley–Los Angeles 1998, S. 74.
[12] Siehe hierzu: Beatriz Colomina, »Die Multimedia-Architektur der Eames«, in: Robin Curtis, Marc Glöde, Gertrud Koch (Hg.), Umwidmungen. Architektonische und kinematographische Räume, Berlin 2005, S. 22–35.
[13] Matthias Michalka (Hg.), X-Screen. Filmische Installationen und Aktionen der Sechziger und Siebzigerjahre, Köln 2004.
[14] Branden W. Joseph, »›My Mind Split Open‹: Andy Warhol’s Exploding Plastic Inevitable«, in: Grey Room, 8, Sommer 2002, S. 80–107.
[15] Ute Holl, »Trance-Formationen. Tony Conrads Flickerfilm von 1966«, in: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (Hg.), Auflösung, Berlin 2006, S. 29–37.
[16] Schriftenreihe Kinemathek. Nr 72. Paul Sharits, 25. Jahrgang, Berlin 1988.
[17] Matthias Michalka, X-Screen, Köln 2004, S. 40–45.
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