Iter Magneticum (1986/1988) gehört zu einer Werkreihe, bei der Christina Kubisch speziell konstruierte Kopfhörer verwendet, die elektromagnetische Schwingungen hörbar machen. Klänge füllen den Raum hier nicht als Luftschall, sondern werden über Kabelschleifen in einer Energieform abgestrahlt, für deren Wahrnehmung wir eigentlich keinen Sinn besitzen. Oder genauer gesagt: für die wir nur in einem anderen Frequenzbereich einen Sinn besitzen, nämlich in dem extrem hochfrequenten Bereich, den wir mit dem Auge als Licht wahrnehmen. Für das Ohr haben die angebotenen elektromagnetischen Schwingungen also die falsche Energieform, für das Auge den falschen Frequenzbereich, um als Reiz wahrgenommen werden zu können.
Die auf elektromagnetischem Weg übertragenen Signale müssen daher, ähnlich wie in einem Radiogerät, durch eine technische Apparatur in Luftschall transformiert werden. Mittels der Spezialkopfhörer können Besucher sie durch Annäherung an auf den Bodenflächen des Ausstellungsraums angebrachten Kabelsträngen aufspüren und unterschiedlich kombinieren. Durch die Verwendung von Schwarzlicht werden die eingesetzten Kabelschleifen besonders hervorgehoben und andere visuellen Einflüsse abgedämpft.
Kubisch verweist so darauf, dass Orte nicht allein durch ihre aktuell sichtbaren und hörbaren Erscheinungen, sondern auch durch ihre Geschichte, ihren assoziativen Gehalt und unsere Fantasie ihre Bedeutung erhalten. Dass es die Hörer selbst sind, die durch ihre Bewegung im Raum, durch unterschiedliche Beobachtungsperspektiven und ggf. sogar durch rhythmische Muster die Reizstruktur steuern, ist als Plädoyer für die Auffassung zu verstehen, dass die Welt immer das ist, was der individuelle Wahrnehmungsapparat — teils willentlich gesteuert, teils unkontrollierbar — daraus macht.